Vor etwa zwei Jahrzehnten fand der Begriff Sichtbeton Eingang in die Baupraxis. Ursprünglich galt diese Bezeichnung vor allem einem Beton, der nach dem Entschalen nicht mehr bearbeitet wurde: Der Baustoff bot sich „materialehrlich" dem Beschauer dar. Inzwischen sind andere Technologien — wie der Waschbeton oder der steinmetzmäßig bearbeitete Beton — hinzugekommen. Unter Sichtbeton wird heute in der Baupraxis und im Schrifttum ein Beton mit besonders gestalteten Ansichtsflächen verstanden. Bisher gibt es jedoch weder eine verbindliche Definition noch Vorschriften oder Richtlinien für die Herstellung und Beurteilung von Sichtbeton. Ursache sind vor allem die Schwierigkeiten, eine Reihe von Einflüssen bei der Herstellung des Betons sicher vorherzusehen und technologisch zu beherrschen sowie die Problematik einer objektiven Beurteilung des fertigen Bauwerks. Andererseits zeigt die Praxis, dass Auftraggeber und Auftragnehmer dringend nach von beiden Seiten anerkannten Regeln verlangen. Der Deutsche Beton-Verein und der Bundesverband der Deutschen Zementindustrie haben daher die Bildung einer Arbeitsgruppe angeregt, um die bis heute vorliegenden Erfahrungen bei der Ausschreibung, Herstellung und Abnahme von Sichtbeton zusammenzufassen. Der Arbeitsgruppe gehörten an die Herren Ing. (grad.) Walter Hausen, Dipl.-Ing. Hartwin Hildebrandt, Dr.-Ing. Heinz-Otto Lamprecht, Dipl.-Ing. Reinhard-Kraft Metzner, Dipl.-Ing. Erhard Neubarth, Ing. (grad.) Günter Rapp und Dipl.-Geol. Jürgen Teubert. Zahlreiche Fachleute aus den Bereichen Planung und Ausführung, darunter Ing. (grad.) Peters, Dipl.-Ing. Schmincke und Dipl.-Ing. Schwara gaben Hinweise für die Textenwürfe. Das Manuskript wurde durchgesehen von Rechtsanwalt Heiermann, Frankfurt, und Prof. Dipl.-Ing. Heinle, Stuttgart. Allen Beteiligten sei für ihre Mitwirkung an dieser Gemeinschaftsaufgabe gedankt. Im nachfolgenden Text werden die geltenden Normen als bekannt vorausgesetzt und im allgemeinen nur zusätzliche Maßnahmen erläutert. Teil 1 enthält Hinweise für die Ausschreibung und die Bauabnahme; Teil 2 erläutert Fragen der Herstellung. Dieses Merkblatt ist als ein erster Schritt auf dem Wege zur Erfassung der Technologie von Sichtbeton in verbindlichen Richtlinien gedacht. Änderungs- und Ergänzungsvorschläge für eine Neuauflage sind deshalb sehr erwünscht.