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Alkalireaktion im Beton
11. Internationale Konferenz in Quebec
Bosold, Diethelm / Eickemeier, Klaus
Vom 12. bis 16. Juni 2000 fand in Quebec (Kanada) die 11. Internationale Konferenz über die Alkali-Zuschlag-Reaktion im Beton statt, an der über 200 Fachleute aus 25 Nationen teilnahmen. Hauptthemen der 140 Vorträge waren: Theorie und Mechanismus der Alkali-Kieselsäure-Reaktion und der Alkali-Carbonat-Reaktion, Einflussfaktoren auf die Reaktion, Testverfahren für Zuschläge, vorbeugende Maßnahmen gegen Alkalireaktion und Umgang mit geschädigten Bauwerken. Auf Grund der Vielzahl der Beiträge wurde überwiegend parallel in zwei Sitzungen vorgetragen und diskutiert. An einem Nachmittag bestand die Möglichkeit, durch Alkalireaktion geschädigte Bauwerke in Quebec-City zu besichtigen. – Die in Klammern [ ] angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf den Berichtsband. – Theorie und Mechanismus der Alkali-Zuschlag-Reaktion – Die Alkali-Zuschlag-Reaktion lässt sich bekanntlich in die Bereiche Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) und Alkali-Carbonat-Reaktion (ACR) unterteilen. Die Forschungen auf dem Gebiet der Alkali-Kieselsäure-Reaktion sind weit vorangeschritten, allerdings sind immer noch nicht alle Feinheiten dieser Reaktion völlig geklärt. – Die Kenntnisse über die Alkali-Carbonat-Reaktion sind noch nicht so umfangreich. Das liegt sicherlich aber auch daran, dass diese Reaktion nur in einigen Ländern vorkommt. Zur ACR gab es verschiedene Beiträge. – So soll die ACR durch Quellungen von feinen Tonschüppchen in Dolomit-Zuschlägen hervorgerufen werden. Es wurden jedoch Beispiele gebracht [Tang et al., S. 109], bei denen das nicht der Fall war. Somit ist dieser Reaktionsmechanismus wieder in Frage gestellt. Der Schnelltest (ASTM C-1260, RILEM oder NBRI) soll bei der ACR nicht funktionieren. – ACR konnte bisher in Deutschland nicht festgestellt werden. – Einflussfaktoren auf die Reaktion – Viele Vorträge weisen auf die Kombination Alkalireaktion und Frostschäden hin. Diese beiden Phänomene treten häufig gemeinsam auf und erhöhen die Schadensgefahr. – In mehreren Vorträgen wurde deutlich, das sich bei einem Überangebot an Feuchte das Gel auflöst und die in Lösung gegangenen Alkalien an die Oberfläche transportiert werden, wo sie nicht mehr schädlich reagieren können. Das kann auch beim Nebelkammertest passieren und zu falschen Ergebnissen führen. Diese Erkenntnis zeigt aber auch, wie wichtig der massige Würfel mit 30 cm Kantenlänge beim Nebelkammertest in der deutschen Alkalirichtlinie ist. – Reaktivität von Zuschlägen hängt nicht nur von dem Anteil der reaktiven Bestandteile, sondern auch von deren Porosität ab, wie z.B. bei Flinten und reaktiven Sandsteinen [Eickemeier et al., S. 297]. Bei Flinten haben einige englische Autoren ein Pessimum bei einem Zuschlagsanteil von 60 % feststellen können. Sie zeigten auch, dass die Schnelltestverfahren nicht bei (porösen) Flinten funktionieren. – Die Zugabe von NaOH zur Erhöhung des Na2O-Äquivalents muss nicht immer zu höheren Dehnungswerten führen [Simon et al. S.483]. – Vorbeugende Maßnahmen gegen Alkalireaktion – In verschiedenen Beiträgen wurde die Möglichkeit angesprochen, eine schädigende Alkalireaktion durch Beimischung von Hochofenschlacke, Flugasche oder Silicastaub zu verhindern. Rogers [S. 743] stellte in Feldversuchen fest, dass gute Ergebnisse erzielt werden können mit 50% Hochofenschlacke, oder 25% Hochofenschlacke, oder 18% Flugasche oder NA-Zement (<0,6% Na2O-Äqui.). Den besten Widerstand - auch mit einem guten Verhalten gegenüber Frost/Tau-Wechseln - ergab eine Mischung aus 25% Hochofenschlacke und 3,8% Silicastaub in einem Portlandzement mit hohem Alkaligehalt. Es wurde mehrfach darauf verwiesen, dass der alleinige Einsatz von NA-Zementen häufig nicht ausreicht, da die Alkalien sowohl von außen als auch aus den Zuschlägen kommen können. – Die Zugabe von Lithiumsalzen kann die schädliche Alkalireaktion ebenfalls unterdrücken. Zum Einsatz kommen Lithiumhydroxid (LiOH x H2O), Lithiumcarbonat (LiCO3), Lithiumfluorid (LiF) und Lithiumnitrat (LiNO3). Die Zugabemengen sind von der Reaktivität des eingesetzten Zuschlags und des Typs des Lithiumsalzes abhängig [Durand, S. 623]. – Umgang mit geschädigten Bauwerken – In Kanada kommt ein Schädigungsindex zur Bestimmung der Gefährdungsklasse zum Einsatz. Dabei werden auf einem großen Anschliff einer Betonprobe Risse, Vorkommen von Gel und reaktive Zuschläge gezählt und aufaddiert. Danach wird das Bauteil eingestuft. – Bei der Sanierung von geschädigten Bauteilen gilt zunächst, die weitere Zufuhr von Feuchtigkeit zu unterbinden. Danach muss auf die örtlichen Gegebenheiten Rücksicht genommen werden. Mögliche Sanierungsmaßnahmen sind im letzten Absatz (Besichtigungen von geschädigten Bauwerken) aufgeführt. – Lithium kann auch zur nachträglichen Schadensbegrenzung bei geschädigtem Festbeton eingesetzt werden [S. 1089 und S. 1149]. – Testverfahren für Zuschläge – Als reaktiv gelten amorphe Kieselsäure (Opal), thermodynamisch instabile SiO2-Varietäten wie Tridymit, Cristoballit, Flint und Calcedon sowie stark zerscherter oder druckbeanspruchter Quarz. Es zeichnet sich der Trend ab, dass in den Zuschlägen nach diesen Bestandteilen gesucht wird und auch nur noch diese allgemein gültigen Bezeichnungen verwendet werden und nicht die unterschiedlichsten Gesteinsnamen. So gibt es z.B. reaktive und nicht reaktive Basalte oder reaktive und nicht reaktive Granite. Dadurch weiß irgendwann keiner mehr, ob Basalte oder Granite nun als reaktiv oder nicht reaktiv einzustufen sind. – Bei vielen Anwesenden war eine allgemeine Unsicherheit beim Umgang mit Schnelltests (ASTM C-1260, RILEM oder NBRI) festzustellen, da einige wenige Zuschläge Ergebnisse liefern, die nicht den Erkenntnissen aus langwierigen Feldversuchen bzw. der Praxis entsprechen. Allerdings sei auch angemerkt, dass die üblichen Schnelltests trotzdem von fast allen Wissenschaftlern angewendet werden, da es bisher kein Verfahren gibt, Zuschläge ganz sicher in einem überschaubarem Zeitrahmen zu beurteilen. – Die Tendenz scheint zu einem beschleunigten Testverfahren mit Betonprismen bei 60°C zu gehen. – Besichtigungen von geschädigten Bauwerken – Drei unterschiedliche geschädigte Bauwerke konnten in einer kleineren Exkursion im Stadtgebiet von Quebec besichtigt werden. – Die größten Schäden zeigte dabei eine Autobahnbrücke (Bild 1), bei der sowohl das gemeinsame Fundament der Stützen, als auch alle Stützen und der Brückenüberbau durch Rissbildung stark geschädigt waren. Die der Wetterseite zugewandten Stützen waren am stärksten betroffen. Aber auch die durch den Überbau etwas geschützteren Stützen waren durchweg durch starke Rissbildung geschädigt. Die Brücke wurde 1966 erbaut, als reaktiver Zuschlag konnte der für die Region typische quarzitische Kalkstein (Spratt Limestone) detektiert werden. Die Brücke ist unter Beobachtung. Eine Sanierung ist noch nicht eingeleitet. – Beim Samson-Tunnel (Bild 2) konnten die durch Alkalireaktion mit Rissbildung geschädigten Flügelwände der Zufahrt besichtigt werden. An diesen Wänden wurden von einer ausführenden Sanierungsfirma in Abstimmung mit der zuständigen Behörde und der örtlichen Universität Probeflächen angelegt, um verschiedene Sanierungsansätze zu testen. Teilweise wurde die geschädigte Oberfläche bis 25 mm unter die Bewehrung entfernt und durch Faser-Spritzbeton ersetzt. Dem Faser-Spritzbeton wurden dabei "korrosionshemmende Zusätze" oder Luftporenbildner zugegeben. Andere Testflächen wurden nur gesandstrahlt und anschließend mit unterschiedlichen Versiegelungen ("silane", "siloxane" und "acrylic/silicone") behandelt. – Die Untersuchungen dauern an, so dass noch keine Sanierungsempfehlungen ausgesprochen werden konnten. – An einer Hochspannungsleitung konnten ein sanierter Ankerblock und ein saniertes Mast-Fundament besichtigt werden. Bei diesen Bauwerken aus den 60er und 70er Jahren wurde ebenfalls der aus der Region stammende quarzitische Kalkstein als reaktives Gestein ausgemacht. Bei einigen ungeschädigten Fundamenten war eine nicht-reaktive Grauwacke als Zuschlag verwendet worden. Das Mast-Fundament war nicht so stark geschädigt. Dort wurde die Betonoberfläche entfernt, zusätzliche Bewehrung eingebaut und anschließend betoniert. Dazu wurde der gleiche reaktive Zuschlag eingesetzt. Allerdings kamen ein Zement mit niedrigem Na2O-Äquivalent (»0,66%) und 6-8% Silicastaub zum Einsatz. – Die stärker geschädigten Ankerblöcke wurden mit verschiedenen Maßnahmen saniert: die Dränage wurde verbessert, Risse mit Epoxydharz injiziert, die Oberfläche beschichtet und der ganze Ankerblock mit einem extern vorgespannten Stahlkorsett gehalten. Die 1987 sanierten Fundamente werden seitdem beobachtet. Allerdings haben die eingesetzten Sanierungstechniken und -materialien nicht zu einer völligen Unterdrückung der Alkalireaktion führen können. Einzelne Risse konnten schon wieder beobachtet werden. –
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beton 9/2000 ab Seite 528
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