AufSchalke: Einzug der Gladiatoren
In Gelsenkirchen wird mit der neuen Arena eine der modernsten Sportstätten Europas eröffnet
NN
Auf Schalke wird gefeiert: Die Fußball-Gladiatoren halten im August Einzug in die neue Arena. Eine aus Aluminium, Stahl und Glas gestaltete Fassade bildet den äußeren Rahmen für eine der modernsten Sportstätten Europas. 358Mio.DM wurden investiert. Die wesentlichen Elemente der Tribünen wie Balken, vorgespannte Platten und Treppen wurden in insgesamt 9000 Betonbauteilen vorgefertigt. 6100t Bewehrung und etwa 42000 m3 Transportbeton wurden angeliefert und verarbeitet. – Der Rasen wandert – Der Rasen der Arena "AufSchalke" liegt in einem Trog aus Stahlbeton, der nur zu den Fußballveranstaltungen ins Innere des Bauwerks eingeschoben wird. Das 105m mal 68m große Spielfeld der Arena fährt nach dem Abpfiff mittels hydraulischer Pressen in sechs Stunden ins Freie. Dabei bewegt sich die Betonwanne über eine 120m x 80m große Stahlbetonplatte, in der beschichtete Gleitbahnen eingelassen sind. Der so genannte Sekundärboden, über den die Wanne mit dem Spielfeld gleiten kann, besteht aus sieben voneinander getrennten Betonbauteilen. Liegt der Rasen in der Arena, entsteht draußen eine große Parkfläche für Fanbusse oder TV-Übertragungswagen. – Spielfeld in der Betonwanne – Die Wanne aus vorgespanntem Beton (118m x 79m), in der das Spielfeld liegt, ist knapp einen Meter hoch und 11000t schwer. Sie ist gefüllt mit einer Schicht Sand, in die die Rasenheizung eingelassen ist. Darüber liegt der Mutterboden für den Rasen. Unterhalb der Wanne sind die 60cm hohen Gleitschuhe angebracht. – Das Spielfeld verlässt das Stadion-Innere durch eine Öffnung in der Südtribüne. Mit zwei stählernen Brücken werden die Zuschauerränge abgefangen. Losgelöst von dieser Brückenkonstruktion lässt sich der Unterrang der Südtribüne auch um ca. 16m unter den Oberrang schieben. So wird durch die frei gewordene Fläche eine optimale, von fast allen Plätzen der Arena gut einsehbare Position für eine Bühne gewonnen. Sobald der Rasen ins Freie gefahren ist, können große Lkw durch zwei Tunnel in den Ecksegmenten der Südtribüne in die Arena fahren und mit dem Aufbau für eine neue Veranstaltung beginnen. – Tunnel: Anlieferung im Großformat – Es gibt vier große Tunnel, einer an jeder Ecke der Arena einer, durch die Trucks und Kranwagen fahren, die im Innern der Arena z.B. Bühnenbauteile anliefern oder abtransportieren müssen. Die Tunnel, die in der Regie von Wayss&Freytag gebaut wurden, sind zwischen 77m und 87m lang und haben eine durchgängige Höhe von 4,50m. Sie bestehen aus durch Fugen getrennte Beton-Segmenten mit einer Länge von bis zu 30m. Die Tunnel führen mit einer Neigung von 2% bis 3% ins Stadioninnere. Insgesamt wurden bei den Tunneln rd. 3800m3 Beton und 520t Bewehrung verarbeitet. – Blickfang Schiebedach – Die Arena "AufSchalke" erhält ein Schiebedach: Innerhalb von 30 Minuten kann das 560t schwere verfahrbare Dachinnenfeld geöffnet oder geschlossen werden. Ganz gleich, in welchem Zusatnd sich das Dach befindet: Die Zuschauer sitzen und stehen auf jeden Fall im Trockenen. Das Schiebedach besteht aus einer Stahlkonstruktion, die von einem transparenten, mit Teflon beschichteten Glasfasergewebe überspannt ist. Blickfang ist auch die feste Stahlkonstruktion, die das Dach trägt. Sie ist 3470t schwer, und an ihr sind Beleuchtung und Flutlicht, Lautsprecher und Anzeigetafel befestigt. – Betonfertigteile: – 60t Gewichte in 17m Höhe – Die Arena forderte den Konstrukteure weit mehr als Routinearbeit ab. Vor allem die Konstruktion der Tragbalken für das Dach war anspruchsvoll: Ursprünglich hatten die Arena-Pläne vorgesehen, den Balkenring vor Ort zu betonieren. Hunderte von Metern Schalung hätten dazu hoch oben am Mauerabschluss angebracht werden müssen. Die Bauleitung änderte die Pläne und entschied sich für eine in diesem Fall deutlich schnellere Lösung mit Fertigteilen. Die Trägerbalken des Arena-Dachs sprengten mit bis zu 60t Gewicht und der Notwendigkeit besonders fester Verbindungen allerdings auch den üblichen Rahmen der Fertigteil-Produktion. – Arena-Baukasten vorproduziert – Einen ganzen Monat lang wurde an Computer-Bildschirmen und Reißbrettern geplant, bevor die Betonwerke Rekers im Emsland mit der Produktion der Beton-Fertigteile für den "Arena-Baukasten" beginnen konnte. Bis zu 1000t Beton täglich wurden in Spelle gemischt und verarbeitet. Insgesamt wurden etwa 6500 Fertigteile im Emsland vorproduziert, gelagert und dann just in time in Gelsenkirchen angeliefert und eingebaut. – 20.000 Stehplätze in der Nordkurve – Auch die Tribünenplatten mussten dünner ausfallen als üblich. Für die entsprechenden Fertigteile wurde eine neue Produktionsanlage mit zwölf Spezialformen für die Tribünenplatten konstruiert und gebaut. Mit 52000 Sitzplätzen entspricht die Arena den internationalen Anforderungen sowohl der FIFA als auch der UEFA. Entsprechend umgerüstet bietet das Stadion neben 40000 Sitzplätzen ca. 20.000 Stehplätze, damit die Fußballfans auch in Zukunft nach Schalke-Tradition in der Nordkurve Stimmung machen können. – Auf 616 Pfählen gebaut – Das gesamte Gewicht der Arena ruht auf 616 Bohrpfählen, die die Last des Bauwerks in die tiefliegenden, tragfähigen Bodenschichten ableiten. Der Durchmesser der einzelnen Pfähle, die für die Arena "AufSchalke" verwendet wurden, liegt zwischen 80cm und 200cm. Die Länge der Pfähle beträgt 10m bis 18m, je nachdem, an welcher Stelle sie in den Boden eingelassen wurden. Um einen Pfahl im Boden zu versenken, wurden etwa zweieinhalb bis drei Stunden Arbeitszeit benötigt. – Die ausführende Baufirma Bilfinger+Berger arbeitete an der Arena mit dem patentierten "Hochstrasser-Weise-Verfahren". Dabei wurde eine ca. 12t schwere Drehschwinge zum Abteufen des Bohrrohrs eingesetzt. Die Drehschwinge schlägt im Dreisekundentakt hin und her, das Bohrrohr, das ebenfalls gut 12t wiegt, dreht sich aufgrund seines Eigengewichts immer tiefer in den Boden. Stößt man auf die härteren Mergel-Schichten, kommt zusätzlich eine Art Meißel zum Einsatz. Hatte das Bohrrohr die erforderliche Tiefe erreicht, konnte nach Einlassen eines Bewehrungkorbs in das Rohr mit der Betonage begonnen werden. Mittels Drehschwinge und Kran wurde das Rohr anschließend vom Beton gelöst und aus dem Boden gezogen. – Durch 15cm breite Gebäudefugen wird die Arena in 14 Einzelabschnitte unterteilt, um große, schwer beherrschbare Zwängungsspannungen aus den nur näherungsweise voraussagbaren Bodenbewegungen infolge der Bergsenkungen zu verhindern. Die Auflagerung der Tribünenbalken erfolgt über Gleitlager auf den Pfahlkopfplatten. – Standort mit Tradition – Auf einer Gesamtfläche von 154000m² wurde die Stadionschüssel übrigens auf 21m hohen, stark verdichteten Erdwällen aus Waschbergen gebaut. 1,2Mio.t dieses Materials wurden zu Beginn der Bauarbeiten aufgeschüttet. Die Waschberge stammen, wie die Steinkohle, aus den tiefen Schächten des Bergbaus im Ruhrgebiet. Auch nach der Fertigstellung spannt die Arena in Gelsenkirchen einen Bogen zwischen Zukunft und Vergangenheit der Region: Aus der Distanz wirken ihre 18 Außentreppenhäuser zumindest auf manchen Betrachter "wie moderne Ausgaben alter Fördertürme". –
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beton 8/2001 ab Seite 442
Herausgeber des Artikels:
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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