Zur Bildung des Minerals Thaumasit beim Sulfatangriff auf Beton
Abgeschlossene Promotion
Bellmann, Frank
F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde – Fakultät Bauingenieurwesen, Bauhaus-Universität Weimar – Tag der Disputation: 11.10.2005 – Gutachter: – Prof. Dr.-Ing. habil. Jochen Stark, Weimar – Prof. Dr.-Ing. Peter Schießl, München – Prof. Dr. rer. nat. habil. Wolfgang Voigt, Freiberg – Seit langem ist bekannt, dass in den Beton eindringende Sulfationen mit dem Zementstein zu Ettringit (C3A·3CaSO4·32H2O) und Gips (CaSO4·2H2O) reagieren können und dass es dabei zu einer Schädigung von Beton kommen kann. Die Bildungsbedingungen dieser beiden Minerale sind bereits relativ gut bekannt. Aus Großbritannien wurde jedoch vor wenigen Jahren von massiven Schäden durch Sulfatangriff infolge der Bildung eines dritten Schadminerals berichtet. Dabei handelte es sich um Thaumasit (CaSiO3·CaSO4·CaCO3·15H2O). – Da die Bildungsbedingungen dieses Minerals nicht bekannt waren, bestanden Unsicherheiten, ob die bestehenden Normen für die Vermeidung einer Gefügeschädigung durch Sulfatangriff ausreichend sind. In der hier vorgestellten Arbeit wurden Untersuchungen zu den Bildungsbedingungen des Minerals Thaumasit vorgenommen, um diese Lücke schließen zu können. – Bei einem Sulfatangriff aus dem Baugrund (Boden, Grundwasser, anstehendes Gestein) muss zwischen folgenden Einwirkungen unterschieden werden: Sulfide, sulfathaltige Minerale und Sulfationen in gelöster Form. Zu diesen Einwirkungen wurden unterschiedliche Untersuchungen vorgenommen, um deren Aggressivität beurteilen zu können. – Sulfide können im Baugrund in fester Form vorliegen (z. B. Pyrit, FeS2). In Anwesenheit von Wasser und Sauerstoff kommt es zu einer Oxidation der sulfidhaltigen Mineralien und somit zu einer Freisetzung von Sulfationen. Dabei können lokal sehr hohe Sulfationenkonzentrationen auftreten, ohne dass dies im Bergwasser nachweisbar ist. Die hohen Sulfatbelastungen durch die Oxidation von Pyrit haben zu den Schäden in Großbritannien beigetragen. Bei der Untersuchung eines Schadensfalls an einer Spritzbeton-Tunnel-schale im Rahmen der hier vorgestellten Arbeit zeigte sich, dass bereits Sulfidgehalte im anstehenden Gestein zwischen 0,01 % und 0,40 % zu einer nachhaltigen Schädigung der Spritzbetonschale geführt hatten. Zur Schädigung hatte auch die hohe Porosität des Spritzbetons beigetragen, der bereits wenige Jahre nach seiner Herstellung große Schäden aufwies. – Unabhängig von der Belastung durch Sulfide kann es zu einer Schädigung durch die Anwesenheit von sulfathaltigen Mineralien wie z.B. Gips kommen. Eine mögliche Reaktion von Gips mit den Zementsteinphasen wurde durch thermodynamische Berechnungen untersucht, deren Ergebnisse mit Resultaten von Modelluntersuchungen aus der Literatur verglichen wurden. Die Untersuchungen wurden bei einer Temperatur von 8 °C vorgenommen, die für die Verhältnisse im Baugrund repräsentativ ist. Dabei konnte festgestellt werden, dass bei Anwesenheit von Gips (z.B. durch äußeren Sulfatangriff oder die fehlerhafte Sanierung von gipshaltigem Mauerwerk) aus chemischer Sicht immer eine Umwandlung des Gefüges in Thaumasit möglich ist. Lediglich die vollständig karbonatisierte Randzone des Betons erweist sich als immun gegen eine Thaumasitbildung, da in diesem Bereich weder Portlandit noch C-S-H Phasen vorhanden sind. – Neben dem Angriff durch die Anwesenheit von Sulfiden und Sulfaten in fester Form, wurde der wohl häufigste Fall untersucht, bei dem der Angriff durch Sulfationen erfolgt, die im Grundwasser gelöst sind und in das Betonbauteil eindiffundieren. Für diesen Fall wurde die Sulfationenkonzentration berechnet, ab der eine Reaktion des Zementsteins mit Sulfationen zu Thaumasit möglich ist. Dabei wurde festgestellt, dass die schadauslösende Sulfationenkonzentration sehr gering ist. Sie kann jedoch durch die Verwendung puzzolanischer Zusatzstoffe und die Aufrechterhaltung von hohen pH-Werten in der Porenlösung vergrößert werden. – Aus den vorgestellten Untersuchungen wurde abgeleitet, dass aus chemischer Sicht alle üblichen Bindemittel bereits bei geringen Sulfationenkonzentrationen anfällig gegen eine Bildung von Thaumasit sind. Lediglich bei Bindemitteln mit einem reduzierten Gehalt an Calciumhydroxid im Gefüge ist mit einer höheren Resistenz zu rechnen. Dies wurde durch eine Untersuchung von Mörtelprismen aus verschiedenen Bindemitteln nach einer Lagerung bei einer Sulfationenkonzentration von 1500 mg/l und einer Lagerungstemperatur von 8 °C experimentell belegt. Diese geringe Sulfationenkonzentration ist deutlich verschieden von den sehr hohen Sulfationenkonzentrationen in den üblicherweise verwendeten Laborprüfverfahren. Sie wurde gewählt, da gezeigt werden konnte, dass die bei sehr hohen Sulfationenkonzentrationen erhaltenen Prüfergebnisse kaum auf das tatsächliche Verhalten von Beton unter Feldbedingungen übertragbar sind. Dies beruht darauf, dass bei den hohen Sulfatkonzentrationen in den Laborverfahren eine Schädigung der Proben durch eine massive Gipsbildung eintritt, die unter praktischen Bedingungen nicht vorkommen kann, da der Beton entsprechend DIN 1045-2:2001-07 ab einer Sulfationenkonzentration von 3000 mg/l mit einer passiven Schutzmaßnahme (Schutzschicht, dauerhafte Bekleidung) zu versehen ist. – Bei der Untersuchung von Normprismen, die für mehrere Jahre bei einer Temperatur von 8 °C und einer Sulfationenkonzentration von 1500 mg/l eingelagert wurden, kam es bei einem Teil der Prüfkörper zu einer starken Gefügeschädigung. Betroffen von einer Schädigung waren Mörtel mit deutlich ausgeprägter Kapillarporosität und einem hohen Anteil an Portlandit im Gefüge. Durch die Verwendung von Steinkohlenflugasche bzw. von Hüttensand (CEM III/B) wurde die Kapillarporosität und der Portlanditgehalt verringert und dadurch eine Schädigung der Proben durch eine Thaumasitbildung vermieden. – Aus den Untersuchungsergebnissen konnten Hinweise für die Herstellung und den Schutz von Beton bei Sulfatangriff abgeleitet werden. –
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beton 5/2006 ab Seite 210
Herausgeber des Artikels:
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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