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22. Aachener Baustofftag: Anwendungsspektren des Hochleistungsbeton
Zusatzmittel der neuen Generation
Wassmann, Kerstin
Die spezifischen Eigenschaften des Hochleistungsbetons, wie Festigkeit, Dichtheit, Fließfähigkeit, Duktilität und Dauerhaftigkeit die Themen des 22. Aachener Baustofftags, zu dem das Institut für Bauforschung (RWTH Aachen) unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Brameshuber Ende Februar eingeladen hatte. Experten aus allen Bereichen des Bauwesens setzten sich mit dem Aspekten von Hochleistungsbeton in Planung, Berechnung und Anwendung auseinander. – Technologie von Hochleistungsbetonen – Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Brameshuber stellte in seinem Einführungsvortrag bisherige Anwendungen von hochfestem Beton in den Festigkeitsklassen B 65 bis B 115 vor und verwies dabei auf Möglichkeiten der Bewehrungseinsparung und Reduktion des Stützenquerschnitts bei der Anwendung von Hochleistungsbeton. Der Einsatz von Steinkohlenflugasche führt neuesten Untersuchungen zufolge zu einer gemäßigten Festigkeitsentwicklung sowie einer Senkung der Hydratationswärme. Mit dem Entwurf der DIN 1045-2 bzw. EN 206-1 wurden erstmals Betone höherer Festigkeitsklassen als B 55 genormt und werden damit künftig für die Anwendung im Spannbeton im Gegensatz zur DAfStb-Richtlinie "Hochfester Beton" geregelt. – "Die hohe Dichtheit von Hochleistungsbeton", so Brameshuber "wird insbesondere bei Bauwerken zum Schutz von Boden und Wasser gegen wassergefährdende Flüssigkeiten genutzt. Durch die höhere Zugfestigkeit im Vergleich zum Normalbeton kann bei größeren Abmessungen der Wannen wirtschaftlicher auf Rissfreiheit bemessen werden, bei mäßiger Vorspannung sind auch große Wannen rissfrei herstellbar". – Aus dem Bereich der Verbundbaustoffe stellte Brameshuber den aktuellen Stand der Forschungsergebnisse zum textilbewehrten Beton vor. Durch Einsatz optimierter Textilien (Gewebe oder Gelege) konnte der wirksame Anteil von Filamenten erheblich erhöht werden, wodurch eine höhere Tragfähigkeit bei deutlich verbesserter Duktilität erzielt wurde. Eingesetzt werden solche textilbewehrten Feinbetone bei sehr dünnwandigen Bauteilen mit bauteilintegrierter Schalung. Unter Berücksichtigung der notwendigen Sicherheitsbeiwerte ist damit eine Stützweite der Schalung von ca. 2 m möglich. Brameshuber verwies auf die Einrichtung des Sonderforschungsbereiches 532 "Textilbewehrter Beton" an der RWTH Aachen, der eine zielgerichtete Erforschung des Verbundbaustoffs und die Verbesserung der schon erkennbaren Vorteile ermöglichen soll. – Zusatzmittel für Hochleistungsbeton – Aus den zur Zeit vom Deutschen Institut für Bautechnik Berlin zugelassenen 413 Betonzusatzmitteln stellte Dr.-Ing. Rolf Bechthold, Woermann Bauchemie, Darmstadt, die wesentlichen Neuentwicklungen vor, ohne die Hochleistungsbeton in seinen vielfältigen Eigenschaften nicht denkbar wäre. Die Frischbetoneigenschaften von hochfestem und selbstverdichtendem Beton werden wesentlich von Betonverflüssigern und Fließmitteln der neuen Generation beeinflußt. Ihre plastifizierende Wirkung basiert auf der "sterischen Abstoßung", die bis in die beginnende Hydratation hinein wirkt. Damit kann in Abhängigkeit von der Art des Zements, der Flugasche, der Temperatur und Mischdauer eine höhere Verflüssigung, der so genannte Depoteffekt und eine längere Wirksamkeitszeit erzielt werden. – Zur Verbesserung des Frost- und Taumittelwiderstandes werden dem Beton Luftporenbildner zugesetzt. Dabei werden sowohl Makroluftporen als auch Mikroluftporen (£ 300 µm) gebildet. Bei Luftporenbildnern der neuen Generation konnte das Verhältnis der Mikroluftporen zu Makroluftporen bei den synthetische Luftporenbildnern zugunsten höherer MiKroluftporenanteile gegenüber den LP-Bildnern auf Wurzelharzbasis verschoben werden. – Für die Verzögerung von Beton werden chemisch wirksame Verzögerer mit einer Wirksamkeitsdauer von bis zu zwölf Stunden eingesetzt. Längere Verzögerungszeiten von Beton sind nach Bechthold nur mit so genannten Langzeitverzögerern möglich, die physikalisch wirken und erst durch erneutes Durchmischen des Betons (Zerstörung der physikalischen wirkenden Eigenschaften) oder durch Überlagern mit frischem, nicht verzögertem Beton unwirksam werden. – Über den Zwischenschritt von alkalireduzierten Beschleunigern konnte die Entwicklung hin zu alkalifreien Beschleunigern für Spritzbeton erfolgreich abgeschlossen werden. Gleichzeitig wurde der Festigkeitsabfall des Betons bei der Verwendung von alkalihaltigen Beschleunigern (pH 14) von bis zu 45 % bei den alkalifreien Beschleunigern (pH 3) auf bis zu 15 % reduziert. – Betonzusatzstoffe – Dipl.-Ing. Udo Wiens, Institut für Bauforschung RWTH Aachen, stellte die Anwendungsgrenzen von Betonzusatzstoffen in den bestehenden und zukünftigen Regelwerken vor. Diese sollen eine ausreichende Alkalitätsreserve (Ca(OH)2) im Beton für den Schutz der Bewehrung vor Korrosion sicherstellen. Wiens dazu: "Unter Zugrundelegung der höchstzulässigen Zugabemengen nach den alten und neuen Regelwerken werden die theoretischen Maximalgehalte von 65 kg/m3 Silicastaub und 300 kg/m3 Flugasche in der bisherigen Baupraxis kaum ausgenutzt (15 kg/m3 bis 45 kg/m3 Silicastaub; 30 kg/m3 bis 120 kg/m3 Flugasche). Unter Berücksichtigung der festgelegten Höchstzugabemengen, die eine Alkalitätsreserve vergleichbar der bei Verwendung von CEM III B sichert, kann Flugasche mit einem k-Wert von 0,4 und Mikrosilica mit einem k-Wert von 1,0 auf den w/z- Wert (w/(z + 0,4 f + 1,0)) angerechnet werden". – Bei verschiedenen Sonderanwendungen, z.B. zur Reduzierung der Hydratationswärme im Bauteil ist nach Wiens jedoch weniger die Überschreitung des zulässigen Anteils an Betonzusatzstoffen als vielmehr die gezielte Unterschreitung der Mindestzementgehalte von Interesse. Dafür gibt es auch in der DIN 1045-2 (7/99) keine herabgesetzten Werte, so dass derartige Anwendungen noch immer der Zustimmung im Einzelfall bedürfen. – Bemessung von Hochleistungsbeton – Die Erhöhung der Druckfestigkeit bei hochfestem Beton erlaubt nach Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger, Institut für Massivbau RWTH Aachen, eine wesentliche Einsparung des Anteils der Druckbewehrung sowie die Verminderung der Stützenquerschnitte. Die Erhöhung des E-Moduls führt zu verminderter Duktilität. Im von ihm genannten Beispiel von werkseitig hergestellten Beton-Fertigteilstützen für eine Druckerei in Köln konnte im Vergleich zum vorher geplanten B 55 der erforderliche Bewehrungsgehalt von 6, % auf 1,8 % gesenkt werden. ((welche Festigkeitsklasse kam zur Ausführung?)) – Das schlagartige Abplatzen von hochfestem Beton bei Brandbeanspruchung (erhöhter Dampfdruck infolge höherer Dichtheit des Betons) ist erst ab B 85 zu berücksichtigen. Die Zugabe von Polypropylenfasern (ca. 1 kg/m3 bis 2 kg/m3) habe sich als vorteilhaft erwiesen. Weniger geeignet aufgrund komplizierter Handhabung ist das Aufbringen eines Oberflächenmörtels bzw. das Einfügen einer Brandschutzbewehrung zwischen Bewehrung und Schalung. – Hegger: "Die Zulassung von Hochleistungsbeton für Spannbeton mit nachträglichem Verbund eröffnet die Möglichkeit, neben den konstruktiven Vorteilen auch die sehr hohe Dichtheit und Dauerhaftigkeit dieses Betons für Brückenbauwerke auszunutzen, die einer hohen Umweltbelastung ausgesetzt sind." In Auswertung der ersten zwei Brücken in Deutschland stellte Hegger fest, daß das Verformungsverhalten im Gebrauchslastbereich der Balken aus hochfestem Beton deutlich steifer ist als bei Normalbetonen, die zeitabhängigen Verformungen waren geringer. Unabhängig von der Betondruckfestigkeit zeigten alle Spannbetonbalken ein duktiles Bruchverhalten. – Hegger prognostizierte, dass durch die Verwendung von polymermodifizierten Zementen und eine weitere Reduzierung des Wasserzementwerts, durch feinere Zuschläge (max. 1 mm bis 2 mm), durch Druck- und Hitzebehandlung sowie die Zugabe von Stahlfasern zukünftig, wie in Frankreich bereits realisiert, Betone mit Druckfestigkeiten von 600 N/mm² bis 800 N/mm² hergestellt werden können." – Selbstverdichtender Beton – Die Vorteile von Selbstverdichtendem Beton (SVB) im Bereich der Fertigteilindustrie stellte Prof. Dr.-Ing. Joost Walraven von der Delft University of Technology vor. So können die negativen Nebenwirkungen der Verdichtung von Beton (z. B. hoher Geräuschpegel) vermieden und hohe Sichtbetonqualitäten und hohe Formfreiheit erreicht werden. "Der Effekt der Selbstverdichtung", so Walraven "basiert auf der Ummantelung der Zuschlagkörner mit einem Film in ausreichender Dicke und ausreichend viskoser Konsistenz. Dieser Film setzt sich aus Zement, Wasser, Feinststoffen und Zusatzmitteln zusammen". – Bei Untersuchungen mit SVB an der TU Delft wurde ein in Japan entwickelte Verfahren getestet, durch das bestimmte Volumenanteile von Leim, Sand und Grobzuschlag festgelegt werden. Zur Verbesserung der Viskosität und zur Reduzierung der Neigung zum Bluten und Entmischen wurden gute Erfahrungen mit der Zugabe eines mikrobiologischen Polysacharids gemacht, das bereits bei kleinsten Zugabemengen (0,2 kg/m3 bis 0,5 kg/m3) stabilisierend wirkte. – Die höheren Materialkosten von SVB (ca. 15 % bis 20 %) wurden durch verringerte Arbeitszeiten (z.B. Wegfall von Verdichtung) in etwa ausgeglichen. Walraven geht davon aus, dass bald die Hälfte der Fertigteilprodukte aus SVB hergestellt werden. Laufende Forschungsprojekte gibt es zu den Themen Schalungsdruck, Brandsicherheit, Verbundverhalten, Karbonatisierung und Verringerung der Chloriddiffusion. – Dipl.-Ing. Stephan Uebachs, Institut für Bauforschung RWTH, Aachen, stellte die drei Typen des Selbstverdichtenden Betons vor: – "Mehlkorn-Typ": Stabilität und Fließfähigkeit wird über den Leimgehalt geregelt. – "Stabilisierer-Typ": Fließfähigkeit mit normkonformen Bindemittelgehalten unter Verwendung von Stabilisierern. – "Kombinations-Typ": Hoher Leimgehalt und Verwendung von Stabilisierer – Der "Mehlkorn-Typ" - in seiner Anwendung deutlich stabiler gegenüber Produktionsschwankungen - ist in Deutschland derzeit nur mit Zustimmung im Einzelfall bzw. allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung einsetzbar. Eine noch für das Jahr 2000 geplante Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton soll die breite Anwendung des SVB ermöglichen, der durch die Begrenzung des Mehlkorngehalts (550 kg/m3) und des Ausbreitmaßes (voraussichtlich 700 mm) auch durch die DIN 1045-2 nicht abgedeckt sein wird. – Zum Einfluß der Zusatzstoffe im Selbstverdichtenden Beton legte Uebachs erste Ergebnisse vor. Die Reduzierung des Zementgehalts auf praxisübliche Mengen von 270 kg/m3 bis 330 kg/m3 erfordert Zusatzstoffgehalte von 250 kg/m3 bis 350 kg/m3. Es wurden verschiedene Mischungen mit Steinkohlenflugasche (SFA) und Kalksteinmehl (KSM) untersucht. Die Mischungen mit SFA brachte gute Frischbetonergebnisse, führten jedoch erwartungsgemäß zur Erhöhung der Druckfestigkeit. Durch Austausch der SFA gegen KSM gleicher Korngrößenverteilung wurde eine starke Neigung zum Bluten festgestellt. Durch Reduzierung des Wassergehalts, wesentlich höhere Fließmittelmengen sowie Zugabe eines Luftporenbildners konnte das Bluten annähernd ausgeglichen werden, wobei die Viskosität der KSM-Mischung deutlich höher als die der SFA-Mischung war. Die Druckfestigkeiten konnten deutlich gesenkt werden. – Säureresistenter Hochleistungsbeton – Die Bezeichnung "Hochleistungsbeton" sollte nach Prof. Dr.-Ing. Bernd Hillemeier, TU Berlin, mit den jeweils charakteristischen Eigenschaften wie hochfest, selbstverdichtend oder säurebeständig verbunden werden, wie die Vielfalt der derzeitigen Anwendungen verdeutlicht. Der Grundgedanke der Entwicklung eines säurebeständigen Betons für den Kühlturm Niederaussem, der ohne Beschichtung ausgeführt wurde, lag in der Reduzierung des Zementsteinvolumens durch die Ermittlung der dichtesten Packung aller Betonbestandteile. Dazu stellte Hillemeier nach dem von Fuller & Thompson entwickelten Ansatz eine Gesamtsieblinie über alle festen Bestandteile des Betons auf und ermittelte den Bereich der dichtesten Packung. Es ergaben sich theoretisch optimale Mengenanteile bei einer A-Sieblinie im Bindemittel von 10 % Mikrosilika, 20 % Flugasche und 70 % Zement, wodurch der Zementgehalt auf 230 kg/m3 gesenkt wurde. – "Wichtige charakteristische Eigenschaften für die Säurebeständigkeit", so Hillemeier, "sind das unterbrochene 3-D Kalziumhydroxidgefüge sowie eine feste Kontaktzone zwischen Bindemittelmatrix und Flugaschekugeln. Die feste Kontaktzone konnte durch eine gezielt eingestellte Reaktivität der Flugasche erreicht werden." – Das ideale Verhältnis zwischen Portlandzement, Flugasche und Mikrosilika in Bezug auf die feste Kontaktzone wurde mit Silizium 29 als Indikator nachgewiesen. Die so ermittelte Zusammensetzung führt zu einem extrem schwindarmen und hochdichten Beton. – Die infolge der dichtesten Packung hohen Festigkeiten sind durch die Einführung von weniger als 0,4 M-% Mikrohohlkugeln, bezogen auf den Zementgehalt, einstellbar. Im Fall des genannten Betons könnte eine Festigkeitsreduzierung um nahezu 50 % erreicht werden. Der Effekt ist nicht chemischer sondern bruchmechanischer Natur und beeinträchtigt theoretisch weder den Widerstand gegen chemische Angriffe noch die Dichtheit des Betons. Diese Festigkeitsreduzierung birgt laut Hillemeier ein Optimierungspotential, welches die Kosten für die rissbeschränkende Bewehrung reduzieren kann.
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beton 4/2000 ab Seite 212
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Betonpflaster von allen Seiten betrachtet
Heidelberger Betonwarentag
Plessen, Elisabeth
Anfang März hatte die Heidelberger Zement AG nach Leimen eingeladen. Der 1. Heidelberger Betonwarentag wandte sich an in erster Linie an Hersteller von Betonwaren. Mit ihnen sollten neue Entwicklungen erörtert und Zukunftskonzepte angedacht werden. – Vom grauen Pflaster zum Gestaltungselement – "Der steinige Weg - die Entwicklung des Pflastersteinmarktes in Deutschland" hatte Franz Raab, Vertrieb und Marketing Heidelberger Zement, seinen Eröffnungsvortrag überschrieben. Er spannte einen Bogen von den von befestigten Wegen im antiken Rom bis hin zu heute denkbaren Produkten. – So waren die römischen Heere dank gepflasterter Straßen in der Lage, täglich bis zu 150 km Strecke zurückzulegen. Wege waren somit wichtiges strategisches Element zum Erhalt wirtschaftlichen und militärischen Machterhalts. Der befestigte Straßenbau in Deutschland entwickelte sich erst verhältnismäßig spät. Noch zu Goethes Zeiten waren auf unbefestigten Wegen Tagesstrecken von höchsten 25 km zu bewältigen. – Ein Verständnis für die gestalterischen Möglichkeiten mit Pflastersteinen entwickelte sich, so Raab erst in den 70er-Jahren, Bis dahin hatte die Produktion grauer Verbundsteine im Mittelpunkt gestanden. Erst in dieser Zeit kam der Dekorgedanke auf, die Absicht, zu befestigende Flächen mit farbigen und oberflächenbehandelten Steinen zu gestalten. "Der Weg vom Verbund zum Dekor", wie Raab es bezeichnete und u.a. am Beispiel des vom brasiliansichen Architekten Roberto Burle Marx entworfenen und noch nicht realisierten Rosa-Luxenburg-Platzes in Berlin dokumentierte. – Die Formenvielfalt führte aber auch zu einem starken Konkurrenzdruck unter den Herstellern, zu mittlerweile fast unüberschaubaren Angeboten und Modetendenzen. – Die Entwicklungen der letzen ca. 30 Jahre haben, so Raab, den Betonwarenmarkt radikal verändert. Verändern müsse sich das Herstellerdenken von einem Anbieter- zu einem Nachfragemarkt. Wichtig hierbei sei, dem Kunden qualitativ hochwertige und beständige Produkte anzubieten und gleichzeitig die Wertschöpfungskette zu besetzten. Wechselnde Pflasterbeläge müssten ebenso selbstverständlich werden wie ein Tapentenwechsel oder Hausanstrich. Neue Ideen könnten das Produkt aufwerten. Raab sprach in diesem Zusammenhang von Belag als gezielt eingesetztem Massivabsorbern in den Innenstädten, um deren Aufheizen im Sommer zu verringern oder gar von einem Alarmstein, der durch akustische Signale unbefugtes Eindringen auf ein Grundstück melde. Dass dieser Weg bereits in Ansätzen beschritten werde, zeige sich an in Belägen integrierten Leuchtelementen. – Moderne Anlagen erlauben flexible Produktionen – Dem in der späteren Diskussion aufgebrachten Einwand, dass eine breite und auf Kundennachfrage orientierte Produktion kostenintensiv sei, begegnete Frank Birkenbeul, Technischer Leiter der Schmitt&Weitz Baustoffwerke. Er stellte das von seinem Unternehmen im Vorjahr erstellte neue Werk Zellingen-Retzbach vor. In einer langen Planungsphase waren sämtliche Produktionsabläufe neu betrachtet und optimiert worden. Dies führte zu einer Neuanordnung des Produktionswegs. Ziel war es, eine anwendungsfreundliche Produktion zu ermöglichen, die eine Unabhängigkeit von den Fahigkeiten der Maschinenführer erlaubte. Dafür wurde eine Checkliste entwickelt, deren Schwerpunkte auf reduzierter Umrüstungszeit und damit einem höheren Nutzungsgrad beruhte. Das Werk Zellingen-Retzbach, so Birkenbeul, könne als Modell für künftige Anlageplanungen dienen. – Qualität durch Additive und Kenntnis der Zemente – Eine wirtschaftliche Produktion, so Dipl.-Ing. Jorg M.Schrabback, Heidelberger Bauchemie, muss zwei Faktoren Rechnung tragen, den betontechnologischen und den verfahrenstechnologischen Aspekten. Zuschläge, Zement, w/z-Wert und Zusatzmittel beeinflussen sich wechselseitig. Deshalb ist die Kenntnis der Wirkungsweisen einzelner Zusatzmittel im Werk wichtig. Für den Einsatz von Zusatzmitteln führte er mehrere Punkte auf, u.a.: Zeitersparnis bei der Produktion durch schnelles und intensives Verdichten, geringerer Formenverschleiss durch Schlämmebildung an den Flanken, hohe Früh- und Endfestigkeiten des Produkts mit geringerer Schwankungsbreite und hoher Frost-Tausalzwiderstand durch eingebrachte Mikroluftporen. – \Dipl.-Ing. Eckhard Bohlmann, Leiter der Abteilung Beton und Anwendungen im HTC, Heidelberger Technology Center,sprach in seinem Vortrag den heiklen Punkt der Ausblühungen an. Weiße Ausblühungen, die durch Fremdwasser auf jungem Beton und eine dadurch verlagerte Karbonatisierungsfront an die Oberfläche entstehen, können durch die Verwendung hüttensandhaltiger Zemente(HOZ) CEM II und CEM III verringert bzw. vermieden werden. – \Auch bei Braunverfärbungen habe sich der Einsatz von HOZ bewährt. ER verwies auf ein Mitte der 90er-Jahre am Forschungsinstitut der Zementindustrie gestartetes Forschungsvorhaben und eigene Forschungen. Braunverfärbungen sind keine eigenen Prozesse, sondern Reaktionen der Eiseneinlagerungen der Calcitkristalle. Für die Vermutung, das reduzierte Brennbedingungen bei der Zementproduktion mit für die Braunverfärbungen verantwortlich seien, gibt es nach seinen Aussagen keine Hinweise. – \In einem seit dem Frühjahr 1999 am HTC gestarteten Forschungsvorhaben, das die Quellen des gelösten Eisens untersuchte, wird derzeit versucht, ein Verfahren zum eindeutigen Nachweis eines Verfärbungspotentials in Mörteln und Betonen zu entwickeln. Trotz zahlreicher Untesuchungen liegen bislang noch keine Kennwerte vor. Jedoch habe sich gezeigt, dass bei einem Hüttensandanteil ab 40 % keine Verfärbungen mehr feststellbar sind, was ggf. durch die Senkung der Alkalität des Porenwassers bei Verwendung von HOZ erklärbar sei. – Freiraumgestaltung – Die enge Verbindung, die die Betonwarenindustrie in den letzen Jahren mit den Garten- und Landschaftsbauern eingegangen ist, stellte Dipl.-Ing. Jürgen Lehnhoff, freier Landschaftsarchitekt und Stadtplaner, Stuttgart, vor. Die Gestaltung z.B. öffentlicher Plätze mit Belägen bezeichnete er als ein "in den Boden geschriebenes kulturelles Besitzdenken". – Aussenraum als Visitenkarte – Schwerpunkt der anschließenden diskussion war die Frage, wie der Widerspruch zwischen dem Vermarkten eines dauerhaften Produkts mit langer Lebens- und Nutzungsphase und ein neues Nachfrageverhalten nach wechselnden Beläge z.B. vor der eigenen Haustür verbunden werden könnte. Dabei wurde beispielhaft der Konsumgüterbereich angeführt, wo Moden und Produktwechsel durch das Aufbauen eines sozialen Drucks initiiert werden. Komplettangebote, wie z.B. das Verlegen eines Belags inklusive wöchtlicher Reinigung und Rücknahme nach einigen Jahren gehörten zu den angedachten Lösungen. Derzeit aber, darin bestand Einigkeit, sei das Verbraucherverhalten noch nicht so weit, dass diese Vorschläge auf positive Resonanz stossen würden. Hier werden erst die Marketingabteilungen tätig werden müssen. –
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