Tragverhalten von stumpf gestoßenen Fertigteilstützen aus hochfestem Beton
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Minnert, Jens
Bei stumpf gestoßenen Fertigteilstützen aus hochfestem Beton treten je nach Art der Stoßausbildung sehr unterschiedliche Beanspruchungen auf. Wird in die Stützenstirnfläche eine Stahlplatte eingebaut, so entstehen im Stoßbereich keinerlei zusätzliche Beanspruchungen. Die Stahlplatte sorgt für eine sehr wirkungsvolle Querdehnungsbehinderung der Mörtelfuge sowie der angrenzenden Fertigteilstütze und gewährleistet zusätzlich, dass der gesamte Traglastanteil der Längsbewehrung mittels Spitzendruck über die Mörtelfuge hinweg übertragen werden kann. Die Längsbewehrung muss nicht mit der Stahlplatte verbunden werden, sollte jedoch möglichst nah an sie herangeführt werden. Beim Einbau einer Stahlplatte kann die sonst übliche verstärkte Querbewehrung im Stoßbereich entfallen; dies führt zu einer Einsparung an Bewehrung. Mit dieser Art der Stoßausbildung erreicht man die volle rechnerische Bruchlast einer durchgehenden Fertigteilstütze. – Wird die Stahlplatte durch eine Stirnflächenbewehrung ersetzt, so erzielt man im Mittel nur noch ca. 90 % der rechnerischen Bruchlast. Bei dieser Art der Stoßausbildung treten im Stoßbereich zahlreiche Probleme auf. Die größere Querdehnung des Fugenmörtels gegenüber dem Stützenbeton erzeugt in der angrenzenden Stütze Querzugspannungen, und der Spitzendruck der Längsbewehrung (ca. 25 % des gesamten Traglastanteils der Längsbewehrung) weckt zusätzlich Querzugkräfte in der Stützenstirn. Der restliche Traglastanteil der Längsbewehrung (ca. 75 %) muss in den Kernbeton eingeleitet werden. Damit der Kernbeton diesen zusätzlichen Traglastanteil aufnehmen kann, muss durch eine effektive Umschnürungsbewehrung seine Traglast gesteigert werden. – Stumpf gestoßene Fertigteilstützen mit einer Stirnflächenbewehrung zeichnen sich durch ein äußerst duktiles Verformungsverhalten aus. Der Stoßbereich stellt durch die Mörtelfuge und die massive Querbewehrung eine definierte Bruchzone dar. In diesem Bereich kann die notwendige Arbeit (Verformung) geleistet werden, um ein duktiles Gesamtverhalten der Stütze zu ermöglichen. Diese Art der Stoßausbildung ist gerade dann sinnvoll, wenn große elastische und plastische Verformungsfähigkeiten im Stoßbereich gefordert werden (z. B. bei Erdbebenbeanspruchungen). – Aufgrund des veränderten Materialverhaltens von hochfestem Beton gegenüber normalfestem Beton ist die Anwendung der Bemessungsvorschläge für die verstärkte Querbewehrung nach Heft 316 vom Deutschen Ausschuß für Stahlbeton (DAfStb) nicht sinnvoll. Ihre sinngemäße Anwendung führt bei stumpf gestoßenen Fertigteilstützen aus hochfestem Beton zu sehr hohen Querbewehrungsgraden. Die Modellgrundlagen der Bemessungsvorschläge in Heft 316 stimmen nicht mit den wirklichen Beanspruchungen im Stoßbereich von Fertigteilstützen aus HSC überein. Selbst bei stumpf gestoßenen Fertigteilstützen mit einer Stahlplatte in der Stützenstirn muß nach Heft 316 eine massive Querbewehrung im Stoßbereich angeordnet werden. – Mit den in der Arbeit neu entwickelten Ingenieurmodellen lassen sich die komplizierten Beanspruchungen im Stoßbereich von Fertigteilstützen mit einer Stirnflächenbewehrung sicher abschätzen. Die Anwendung der neuen Bemessungsvorschläge führt bei stumpf gestoßenen Fertigteilstützen aus HSC zu deutlich geringerer Querbewehrung im Stoßbereich. Besonders die optimierte Stirnflächenmatte bringt erhebliche Vorteile gegenüber der herkömmlichen Bewehrung aus handelsüblichen Baustahlmatten. Da Fehlstellen in der Mörtelfuge die Traglast deutlich verringern, ist bei der Herstellung der Mörtelfuge von stumpf gestoßenen Fertigteilstützen mit einer Stirnflächenbewehrung besondere Sorgfalt notwendig. Wenn die Fehlstelle noch im Fugenrandbereich liegt, können sogar unterhalb der Gebrauchslast Risse und Zerstörungen in diesem Bereich auftreten. – Mit Hilfe der vorliegenden Arbeit wird es in Zukunft möglich sein, eine sinnvolle und effektive Querbewehrung angeben zu können. Dies wird zu einer deutlichen Kostensenkung bei dieser Art der Stützenverbindung beitragen. Der Einsatz von hochfestem Beton ist besonders im Fertigteilbau ideal, da die Herstellung im Fertigteilwerk unter gleich bleibenden Bedingungen (Qualitätskontrolle) erfolgt und der bei HSC notwendige höhere Verdichtungsaufwand ohne Probleme möglich ist. Durch den Einsatz von Hochleistungsbeton können die Stützenabmessungen verkleinert und somit die Transportkosten der Fertigteile reduziert werden. –
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beton 4/2000 ab Seite 204
Herausgeber des Artikels:
beton
bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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