Ettringitbildung in nicht wärmebehandelten Betonen
Dissertation an der Bauhaus-Universität Weimar
Bollmann, Katrin
Treten an Zementbetonen Dauerhaftigkeitsprobleme auf, werden sie oft mit der Ettringitbildung in Zusammenhang gebracht, denn geschädigte Betone weisen häufig große Mengen Ettringit in den Gefügestörungen auf, auch wenn sie keiner Wärmebehand-lung ausgesetzt waren. Das betrifft vor allem Betone, die häufigen Feuchtewechseln ausgesetzt waren, wie Straßenbetone, Wasserbauwerke und auch AKR-geschädigte Betone. Während die primäre Ettringitbildung in der Anfangsphase der Hydratation den positiven Effekt der Erstarrungsregelung bewirkt, wird der Ettringitbildung im erhärteten Beton meist eine schadensauslösende Rolle zugeschrieben. – Die Arbeit setzt sich mit Ursachen, Mechanismen und Folgen der Anreicherung großer Ettringitkristalle im Gefüge bereits erhärteter, nicht wärmebehandelter Betone auseinander. Die Ergebnisse resultieren u.a. aus zahlreichen Untersuchungen und Erfahrungen, die im Rahmen unterschiedlicher Forschungsvorhaben entstanden und teilweise durch das Bundesministerium für Verkehr gefördert wurden. – Für wärmebehandelte Betone existieren zahlreiche verschiedene Theorien zu Ursachen und Schädigungsmechanismen im Zusammenhang mit der Ettringitbildung. Für die nicht wärmebehandelten Betone blieben aber folgende Fragen offen: Wodurch wird die Ettringitbildung im erhärteten Beton ausgelöst, wenn keine Wärmebehandlung stattgefunden hat? Welche Mechanismen laufen dabei ab? Wirken sich die gleichen Randbedingungen wie bei wärmebehandelten Betonen fördernd aus? Ist die Ettringitbildung im erhärteten Beton Schadensursache oder nur eine Schadensfolge bzw. wirkt diese Ettringitbildung schadensverstärkend? – Für die Untersuchungen zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein zeitraffendes Wechsellagerungsprogramm entwickelt, das natürliche Umwelteinflüsse für Außenbauteile simuliert, die die Ettringitbildung im erhärteten Beton fördern. Diesem Wechsellagerungsprogramm wurden gefügedichte Zementbetone, LP-Betone und Mörtel unterschiedlicher Zusammensetzung ausgesetzt. Untersucht wurde dabei der Einfluss von Höhe und Dauer der Temperaturbelastungen während der Nutzung, w/z-Wert, Sulfat- und Alkaligehalt des Zements und von künstlichen Luftporen auf Gefüge-veränderungen und die Anreicherung von Ettringit in Gefügestörungen. – Zur Klärung der dabei ablaufenden Mechanismen wurde zum einen Ettringit und sein Stabilitätsbereich untersucht und zum anderen die Porenlösung als die Phase, die den Ettringit im Zementmörtel bzw. -beton umgibt. Dabei ergaben sich neue Aspekte, die bei der Problematik Ettringitbildung in Betracht gezogen werden sollten. – Im Ergebnis der Untersuchungen wurde festgestellt, dass für nicht wärmebehandelte Betone nicht die thermische Stabilität des Ettringits, sondern seine Stabilität bei verschiedenen pH-Werten entscheidend für den Mechanismus der Ettringitbildung im erhärteten Beton ist. Der Ettringit, der sich primär bei Hydratationsbeginn bildet, kann sich unter entsprechenden Randbedingungen bei Hydratationsfortschritt durch den auf sehr hohe Werte über 13,6 ansteigenden pH-Wert teilweise oder vollständig zersetzen. Häufige Feuchtewechsel fördern, vor allem in bereits geschädig-ten Betonen, das Auswaschen der Alkalien und damit das Senken des pH-Werts. Das Sulfat dagegen verbleibt im Beton, so dass unter diesen veränderten Bedingungen Ettringit rekristallisieren kann und deshalb in wenig dichten, geschädigten Betonen gefunden wird. Die Folgen dieser von der Wärmebehandlung unabhängigen Ettringitbildung sind meist keine unmittelbaren Gefügeschäden. Ettringit kristallisiert in den Hohlräumen und Schwachstellen des Gefüges, d.h. in Poren und bereits vorhandenen Mikrorissen, aus. Die Folgen können aber eine Rissaufweitung und das Zuwachsen von Luftporen sein. Die mit Ettringit gefüllten Luftporen stehen nachgewiesenermaßen dann zur Gewährleistung des Frost-Tausalz-Widerstandes nicht mehr zur Verfügung. Die Ettringitbildung in nicht wärmebehandelten erhärteten Betonen ist damit, im Gegensatz zu den bisher häufig vertretenen Meinungen, meist nicht die primäre Schadensursache. Bereits vorhandene Gefügeschäden, die die Ettringitbildung im erhärteten Beton erst ermöglichen, können aber so verstärkt werden, dass es zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Gebrauchseigenschaften kommt.
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beton 10/2000 ab Seite 590
Herausgeber des Artikels:
beton
bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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